Endlose Dünen, bizarre Steinformationen in leuchtenden Farben im Valle della Luna
Eine Nacht am Magic Bus - oder ist ein Schrotthaufen in einer magischen Landschaft wirklich magisch?
Pleiten, Pech und Pannen - auch ein Toyota muss mal in die Werkstatt
Die El Tatio Geysire - das drittgrößte Geysirfeld der Welt
Wir sind in Chile angekommen. Über den Paso di Jama fahren wir nach San Pedro de Atacama, mitten in der gleichnamigen Wüste. Es ist der wohl trockenste Ort auf der Erde, außerhalb der Pole. Wir sind gespannt auf die Landschaft, die sich uns hier bietet. Und Micha freut sich auf Astro-Photographie.
San Pedro an sich ist ein kleines Städtchen, geprägt vom Tourismus. Dementsprechend nett ist es hier. Wir sind positiv überrascht. Überall gibt es kleine Cafés mit richtig gutem Kaffee und viele Souvenirläden sowie Tourenanbieter. Wir schauen uns erstmal um, was letztere so auf ihrer Agenda haben. So haben wir einen guten Überblick über die Highlights in der Gegend. Wir wollen auf jeden Fall das Valle della Luna anschauen. Wie der Name schon sagt, eine mondähnliche Landschaft, die ihren Ursprung vor etwa 33 Mio. Jahren hat. Hier rund um San Pedro ist alles streng gemanaged und man zahlt natürlich (nicht wenig) Eintritt. Die Chilenen wissen ihre Natur sehr wohl zu vermarkten; daran können wir uns noch recht gut von unserer Zeit in Patagonien erinnern. Ins Valle della Luna darf man mit dem eigenen Auto fahren; auf der etwa 20 km langen Strecke gibt es einige Aussichtspunkte. Die Temperaturen sind jetzt im Winter ganz angenehm, bei etwa 20 Grad tagsüber. Die Sonne ist allerdings richtig extrem. Man spürt regelrecht den hohen UV-Index. Ohne Kopfbedeckung und Sonnencreme sollte man nicht raus. Wir laufen dennoch alle Wanderwege ab, die es gibt. Wie überall, ist schon wenige Meter weg vom Parkplatz deutlich weniger los. Und man hat von den erhöhten Punkten eine tolle Aussicht. Umso wichtiger, da Drohne fliegen natürlich verboten ist. Wir haben nicht viel erwartet und sind umso begeisterter von dieser magischen Landschaft. Endlose Dünen und bizarre Steinformationen in leuchtenden Farben erwarten uns.
Gleich um die Ecke, auf der anderen Seite des Valle della Luna, steht der sogenannte Magic Bus. Eigentlich ein Schrotthaufen aus den 60er Jahren, dennoch hat er Kultstatus erworben. Wir wollen auf jeden Fall hin, als Fotomotiv eignet sich der bunte Bus perfekt. Er ist eingebettet in eine sehr schöne Landschaft. Und hier darf man Drohne fliegen. Wir sind etwas überrascht, wie viele Tourenanbieter hier vorbeikommen. Besonders zum Sonnenuntergang wimmelt es nur so von Touristen, die dort für viel Geld ihren Pisco Sour vor der Kulisse serviert bekommen. Sobald es dunkel ist, wird es glücklicherweise ruhiger. Dennoch gibt es einige, die dort übernachten. Und so muss jeder warten, bis er das Fotomotiv für sich hat. Am nächsten Morgen wollen wir noch in Ruhe „Familienfotos“ mit dem Bus machen. Aber schon ab 7 Uhr rollen die ersten Tourenbusse an. Glücklicherweise ist ab 9 Uhr wieder Ruhe eingekehrt und wir haben den Spot für uns.
In der Hochebene der Atacama gibt es auch einige Lagunen, die meisten mit sehr hohem Salzgehalt. Dementsprechend kann man dort wie im Toten Meer auch, ganz ohne jegliche Anstrengung im Wasser liegen. Das klingt doch entspannt. Wir machen uns auf zur Laguna Baltinache, etwa 50 km von San Pedro entfernt. Der Weg ist leider sehr unangenehm. Es geht über eine üble Wellblechpiste, auf der wir ordentlich durchgeschüttelt werden. Dort angekommen, sind wir leicht genervt. Bis uns der wenig motivierte Junge am Eingangshäuschen erklärt, dass aus Gründen der Regeneration gerade nicht in der Lagune gebadet werden darf. Dann sind wir richtig genervt. Und als Fotomotiv geben die Lagunen auch nicht viel her. Wir haken es ab mit den Lagunen in Chile; schließlich wollen wir demnächst nach Bolivien über die sogenannte Lagunenroute aufbrechen. Da haben wir hoffentlich mehr als genug davon.
Einzig das Geysirfeld El Tatio, das auf 4.300 m liegt, wollen wir noch in der Gegend sehen. Am Sonntag machen wir uns auf; leider nur kurz. Etwa 20 km außerhalb der Stadt merken wir, dass unsere Kupplung nicht mehr funktioniert. Außerdem qualmt es aus dem Motorraum. Beim Blick hinein sehen wir, dass sich unsere Batterie gelöst hat und es an einigen Stellen kokelt. Der Qualm zieht sich durch’s Fahrerhaus bis in die Wohnkabine. Schnell holen wir Diego aus dem Auto. Schon bald hält der erste Passant an, ein Local, der wie wir keine Ahnung von Autos hat. Er bietet uns an, uns in die Stadt zu fahren, allerdings seien sonntags alle Mechaniker betrunken. Gut möglich! Tatsächlich halten sehr viele Autos an; eine fachkundige Frau kommt nach einigen Minuten zum Schluss, dass hier auf der Straße nichts zu reparieren ist. Sie organisiert uns einen Abschleppdienst und verhandelt sogar gute Konditionen für uns. Und so landen wir am Sonntagnachmittag in einer willkürlichen Werkstätte in San Pedro; genau gesagt der einzigen, die das Tor öffnet.
Am nächsten Tag schaut sich der Mechaniker unseren Fall an. Die Starterbatterie hat sich gelockert, einen Kurzschluss verursacht und es gab einen Kabelbrand. Durch den Aufprall der Batterie am Bremsflüssigkeitsbehälter hat sich dieser entleert, so dass die hydraulische Kupplung nicht mehr funktioniert hat. Letzteres ist schnell behoben. Die Flüssigkeit wird getauscht und die Kupplung entlüftet. Easy peasy. Das Ausmaß des Kabelbrands entpuppt sich allerdings erst Stunden später. Nicht nur im Motorraum, sondern auch in der Fahrerkabine, bis ins Heck des Fahrzeugs sind Kabel durchgeschmort. Verursacht durch den Kurzschluss und durchgescheuerte Kabel. Stück für Stück wird unser Auto auseinandergenommen. Die Mechaniker arbeiten zu viert gleichzeitig; am Abend sind sie fertig. Und uns wird klar, so schnell kommen wir hier nicht vom Hof. Alle verschmorten Kabelstränge müssen ausgetauscht werden. Natürlich nicht mit den offiziellen Ersatzteilen; nein, es werden alle Kabel vereinzelt ausgetauscht; an den Bruchstellen zum Stecker wird gelötet. Ein irrer Aufwand.
Diego freundet sich mit der Werkstattkatze Choca an. Am Dienstag haben erstmal andere Autos Priorität. Die Stimmung sinkt. Als am Mittwoch nach der Siesta noch immer nichts vorwärts geht, flippe ich aus. So gut es halt geht auf Spanisch. Jeden Tag laufen wir ins Café in die Stadt. Diego kennt man inzwischen namentlich. Am Freitag bestelle ich mittags Pisco Sour. Wir sind mit den Nerven am Ende. Nachmittags wird endlich angefangen, unser Auto wieder zusammenzubauen. Um 19 Uhr, als es längst dunkel ist, sollen wir die Abnahme machen und zahlen. Und es kommt, wie es kommen muss… am Samstag stellen wir schnell fest, dass die Hälfte der Elektronik im Cockpit nicht funktioniert. Nicht fahrkritisches, aber dennoch zu viel, um es zu ignorieren. Und so fahren wir am Montag widerwillig noch einmal vor. Immerhin, nach drei Stunden funktioniert wirklich alles - sogar der Drehzahlmesser, der schon seit 2 Jahren kaputt war.
Am Montagnachmittag machen wir uns dann endlich auf in Richtung Geysirfeld El Tatio. Nur ein kleines Stück, allerdings bewusst, da wir uns langsam an die Höhe akklimatisieren müssen. Und so machen wir Halt an den Thermen von Puritama bzw. dem Fluss unterhalb, der von der heißen Quelle aufgewärmt wird. Mit Badesachen bepackt wandern wir in den Canyon runter. Ganz schön schattig dort unten. Und das Wasser ist zwar lauwarm, mehr aber auch nicht. Micha und ich tauchen dennoch kurz ein. Diego hat zwar schon lange nicht mehr gebadet, aber für ihn ist das Wasser definitiv zu kalt. Alles in allem kein großes Highlight, aber für uns fühlt es sich dennoch grandios an. Wir sind total froh, endlich wieder etwas außerhalb der Werkstatt zu sehen.
Am nächsten Tag fahren wir weiter auf etwa 4.000 m zur Laguna Flamingo. Mitten in der kargen Landschaft liegt die idyllische Lagune, teilweise gefroren. Vicuñas und Esel grasen am Ufer. Und tatsächlich sind auch einige Flamingos hier. Ein wunderschöner Ort zum Akklimatisieren.
Jetzt geht es endlich zu den Geysiren weiter. Die sollen am schönsten im Morgenlicht sein, wenn der Temperaturunterschied zwischen Luft und Wasser das Spektakel so richtig zur Geltung bringt. Es kommt nämlich mit etwa 85° aus der Erde. Da wir schon um 6 Uhr morgens dort sein wollen, fahren wir am Vortag hoch. Gleich nebenan ist noch ein weiterer Geysir, der Geysir Blanco, weitgehend unbekannt und nur über eine 4x4 Strecke erreichbar. Als wir mittags ankommen, sind wir alleine. Uns erwartet eine atemberaubende Landschaft. Mitten aus dem Boden sprudelt das siedend heiße Wasser. Perfekt, um Diego’s Mittagsbrei aufzuwärmen. Und dann wollen wir baden gehen. Unten fließt nämlich ein Fluss, in den das Geysirwasser mündet. Tatsächlich ist das Wasser diesmal sehr angenehm warm, teilweise sogar zu heiß, wenn man zu nah an die Quellen kommt. Aber auch hier muss Diego auf ein Bad verzichten. Das Wasser ist voller Algen und Fliegen und vor allem sehr schwefelig. Es soll wohl nicht sein.
Nachmittags noch machen wir uns auf zum Geysirfeld El Tatio. Es besteht aus über 80 aktiven Geysiren; damit ist es das größte Geysirfeld auf der Südhalbkugel und das drittgrößte weltweit. Zum Sonnenuntergang laufen wir schon mal zu den kleineren Geysiren. Der Park hat ab 16 Uhr geschlossen, es ist also niemand da. Zu Fuß dürfen wir allerdings reinlaufen. Wir sind total überrascht; das ist aus unserer Erfahrung ein absolutes Novum in Chile.
Überhaupt sind alle Ranger hier sehr nett. Der Guide am Eingang hat uns geraten, aufgrund der hohen Minusgrade nachts, den Motor alle 3 Stunden laufen zu lassen. Bisher haben wir nie solche Maßnahmen ergriffen. Außerdem haben wir 10% Benzin zugemischt, damit uns der Diesel nicht ausflockt. Winterdiesel gibt es hier in Südamerika nämlich nicht. Und deshalb liegt der Gefrierpunkt nur bei – 7 Grad. Das ist auf der Höhe im Winter schnell mal nachts erreicht. Nun ja, wir wollen ja nicht riskieren, morgens um 6 Uhr, wenn der Park öffnet, nicht wegzukommen und starten also den Motor um 1 Uhr und um 4 Uhr nachts. Natürlich ist Diego nicht synchron mit unserer Prozedur und will seine Milch genau dazwischen. Für mich endet die Nacht also mehr oder weniger schlaflos. Immerhin, unser Motor schnurrt um 6 Uhr morgens wie ein Kätzchen. Wir sind die ersten, die am Parkplatz des großen Geysirfelds halten. Der Rauch sieht im ersten Zwielicht magisch aus. Ab 7 Uhr trudelt dann ein Tourbus nach dem anderen ein. Vorbei mit der Ruhe. Zum Sonnenaufgang gibt es noch einen weiteren wunderschönen Moment, wenn die Sonnenstrahlen den Nebel durchbrechen. Das frühe Aufstehen hat sich wirklich gelohnt.
Und damit verlassen wir Chile für unbestimmte Zeit. Für uns geht es nun weiter nach Bolivien. Am nächsten Tag wollen wir über den Grenzübergang, der uns auf die legendäre Lagunenroute führt. Wir sind voller Vorfreude, aber auch etwas angespannt, da die abgelegene Strecke auf über 4.000 m schon so manches Tribut gefordert hat. Vertrauen in unser Auto ist wieder da, akklimatisiert sind wir auch, den Rest werden wir sehen :-)
Comments