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  • Writer's pictureMarion Marquardt

In 12 Tagen zu Fuß durch die Sahara

Updated: May 8, 2022

9 verrückte Abenteurer, zusammen mit 3 Nomaden und 10 Dromedaren
In 12 Tagen rund 280 km zu Fuß quer durch die marokkanische Wüste
Mit 20kg Marschgepäck über Sanddünen und durch Sandstürme, von keinen Rückschlägen zu bremsen

Das klingt nach einem Abenteuer - und das war es auch :-)


Aber nun von vorne. Treffpunkt mit den anderen Teilnehmern ist in Marrakesch. Wir sind zwei Tage vor Start der Tour angereist, um uns etwas zu akklimatisieren. Die Medina, das antike Stadtzentrum, ist mega trubelig. Überall sind Händler, die alles mögliche verkaufen. Ruhe gibt's nur hinter den Mauern der Riads (Hotels) oder in der Moschee. Das offizielle Get-to-know Dinner ist Montag Abend, allerdings lernen wir die meisten Teilnehmer gleich am Samstag Abend kennen. Wir verstehen uns von Anfang an prima. Für den nächsten Tag verabreden wir uns gemeinsam zu einer geführten Stadttour mit einem Guide. Wir schauen uns den berühmten Bahia Palace an und schlendern durch die Souks. Für die Sahara brauchen wir noch passende Kleidung - Leinenhemd und -hose sowie einen Cheche, die typische Kopfbedeckung, die vor Sonne, Wind und Sand schützt. Das Verhandeln müssen wir noch etwas üben - wir erfahren später, dass man in die Verhandlung mit maximal einem Drittel des genannten Preises einsteigen soll.


Der Cheche, Allzweckwaffe der Wüste


Beim offiziellen Auftakt Montag Abend lernen wir auch unseren Guide, Thorsten, kennen und bekommen einige Infos zur Tour. Am Dienstag früh morgens geht's dann mit dem Bus nach Foum Zguid, wo wir starten. Wir fahren einmal über das Atlasgebirge in Richtung Süden. Natürlich dauert die Busfahrt weit länger als geplant. Schließlich kommen wir gegen 16 Uhr an und werden im Riad erstmal mit marokkanischem Tee begrüßt. Die letzte Nacht in der Zivilisation sozusagen. Dort treffen wir auch das erste Mal auf Mustafa - unseren lokalen Guide. Er ist als Nomade aufgewachsen und kennt das Gebiet, das wir durchwandern, wie seine Westentasche. Mit dabei im Team sind noch Adi und Hasan, zwei marokkanische Kamelführer.


Bivouac Les Nomades Foum Zguid Marocco, Marokko Sahara Adventure Dessert
Mustafa und Adi mit dem Abendessen

Am nächsten Tag geht's dann endlich los. Das persönliche Gepäck incl. Schlafsack, Isomatte und Kleidung und Tagesproviant trägt jeder selber. Die Dromedare transportieren unsere Zelte, Wasser- und Essensvorräte. Micha hat dank seiner Fotoausrüstung knapp 20 kg auf dem Rücken, ich ca. 15 kg. Das Marschtempo ist ganz schön gewöhnungsbedürftig. Wir haben anfangs etwas Mühe, mitzuhalten. Und ich muss mich vor allem erstmal an die Hitze gewöhnen. Das Thermometer steigt meist auf Bereiche zwischen 25 und 35 Grad, fühlt sich aber wesentlich heißer an. Aus dem Grund laufen wir gleich nach Sonnenaufgang los, so dass wir in der Regel gegen 12 - 14 Uhr das Tagesziel erreichen. Zur heißesten Stunde in der Wüste können wir dann an einer schattigen Oase auf dem Teppich entspannen. Adi und Hasan versorgen uns erstmal mit frischem marokkanischem Tee (mit gaaaaanz viel Zucker) und später mit einem leckeren Mittagessen. Überraschenderweise gibt es durchweg sehr viel frisches Gemüse, wie z.B. Auberginen, Paprika, Kartoffeln. Echt lecker! Damit haben wir nicht gerechnet. Und abends wird auch nochmal gekocht. Uns geht's richtig gut und das Essen ist so divers wie es nur sein kann, wenn jedes Kilo zählt.


Michael und Marion Marquardt mmq Photography Marokko Marocco Sahara Dessert Wanderung Wüste Foum-Zguid
Unser leckeres Mittagessen: Salat mit selbstgebackenem Brot

Unsere Pausen- und Übernachtungsplätze sind auch maximal unterschiedlich und reichen von der "typischen Oase", wie man sie sich vorstellt, mit Palmen und Wasserloch bis zu endlosen Sanddünen. Meist sind es aber lediglich großer Akazienbäume, die den so notwendigen Schatten spenden. Unsere Strecke führt uns natürlich ca. alle 48 Stunden zu Brunnen und Wasserlöchern, wo wir unseren Wasservorrat auffüllen müssen. Die Abend liebe ich am meisten. Die Ruhe, die endlose Weite und die magischen Sonnenuntergänge gefolgt von sternenklaren Nächten. So viele Sterne wie in der Sahara habe ich wohl noch nie gesehen.



Michael und Marion Marquardt mmq Photography Marokko Marocco Sahara Dessert Wanderung Wüste Foum-Zguid Milchstrasse Sterne
Milkyway über der Sahara bei Neumond

Nach ein paar Tagen habe ich mich auch lauftechnisch akklimatisiert und fühle mich ganz gut. Die Tagesetappen sind meist um die 20 km, die wir recht zügig laufen. Der Nachmittag ist zum Entspannen da. Wir haben viel Zeit, uns kennenzulernen. Des Öfteren unternehmen wir aber auch Touren auf umliegende Tafelberge, um von dort die einmalige Weitsicht und die Sonnenuntergänge zu genießen.


Michael und Marion Marquardt mmq Photography Marokko Marocco Sahara Dessert Wanderung Wüste Foum-Zguid Tafelberg
Sonnenuntergang auf dem Tafelberg


Natürlich kommt auch das obligatorische Tief, das ich an Tag 5 und 6 habe. Nach einer schlaflosen Nacht im Sandsturm steht eine recht anstrengende Etappe bevor, die zunächst über Dünen, dann durch ein Geröllfeld geht. Da frägt man sich schon manchmal, warum man sich das antut. Dafür gibt es dann auch wunderbare Momente, wo ein Wasserloch zum Baden wartet! Wie geil ist das denn? Nach 7 Tagen endlich eine Erfrischung und zumindest basic Körperhygiene :-)


Michael und Marion Marquardt mmq Photography Marokko Marocco Sahara Dessert Wanderung Wüste Foum-Zguid Oase
Oase in Mitten der Sahara - Körperhygiene auf dem Programm

Einmal fragte Mustafa, ob wir eine Ziege kaufen würden, da die Fleischvorräte zu Ende waren. Warum nicht? Bei der nächsten Nomadensiedlung wartete das Tier schon und wurde auf ein Dromedar gebunden. Angekommen an unserem Tagesziel ging es dann ans Schlachten. Natürlich haben das Mustafa und Hasan übernommen, die sich damit bestens auskennen. Der Deal war allerdings schon, "Wer Fleisch essen will, muss zusehen und zumindest etwas mit anpacken.". Mich persönlich hat das sehr interessiert. Ein gezielter Schnitt durch die Kehle, dann wurde der Ziege das Fell abgezogen und sie nach und nach ausgenommen. Verwertet wurde wirklich alles vom Tier. Am ersten Abend gab es die Innereien, die möglichst frisch gegessen werden mussten. Leber in etwas Bauchfett eingewickelt und am Lagerfeuer gegrillt, sowie eine Art Haggis, Magen gefüllt mit Herz, Leber und weiteren Innereien. Nichts für Jedermann, aber es hat köstlich geschmeckt. Ab und zu haben wir frisches Brot gebacken - nach Nomadenart, das heißt im Sandofen. Man nehme einen gut gekneteten Hefeteig und bedecke ihn mit Sand und Glut. Fertig ist das Brot! Und es schmeckt soooo lecker! In Summe ging es uns kulinarisch wirklich sehr gut.


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Wenn Du Fleisch essen willst, musst du bereit sein zu töten


Geschlafen haben wir meist im Freien - einfach mit Schlafsack und Isomatte unter dem Sternenhimmel. Die Nächte habe ich geliebt. Ein wahnsinnig schönes Gefühl, direkt unter freiem Himmel einzuschlafen und aufzuwachen. Nur manchmal, wenn Skorpione oder Schlange in der Gegend waren, mussten wir das Zelt nehmen. Der freiwillige Kontakt zu wilden Tieren war übrigens überraschender Weise strengstens verboten, getreu nach dem Motto: "Nur weil Du mit 7 Jahren eine Eidechse gefangen hast, solltest Du keine Schlangen streicheln". Zumal fast alle dort lebenden Schlangen tödlich giftig sind.


Neben der Regel mit den Wildtieren, mussten natürlich noch einige weitere Regeln beachtet werden, wie z.B. das unerlaubte/unangekündigte Entfernen vom Lagergelände. Illustriert wurde dies eines Abends bei der gemeinsamen Lagerfeuerrunde am Beispiel eines ehemaligen Tourteilnehmers. Nennen wir ihn der Einfachheit halber "Harry". Harry war ehemaliger Elitesoldat und durch verschiedene bewusstseinsbeeinflussende Arzneimittel und Drogen nicht ganz auf der Höhe. Daher beschloss Harry eines Tages, als er sich langweilte alleine und nur mit einer Flasche Wasser bewaffnet, vom Lager weg in die Wüste zu ziehen. Um an dieser Stelle etwas abzukürzen, die Geschichte endet damit, dass der komplett dehydrierte und bereits ohnmächtige Harry zufällig von einem Nomaden gefunden wurde und somit knapp dem Tod von der Schippe gesprungen ist. Kurz vor seiner Ohnmacht hinterließ er eine mit Kamelkot geschriebene Botschaft an einer Felswand mit seinem Namen. Die Moral von der Geschichte, Orientierung und Wasser finden in der Wüste ist echt 'ne Nummer.


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Beschwerlicher Weg über meterhohe Dünen


Mit zunehmendem Tourverlauf war der Verschleiß im Team deutlich zu spüren, Verletzungen wie unzählige Blasen, aufgeschlagene Knie und Schienbeine, strapazierte Muskeln, Bänder und Gelenke häuften sich, so dass wohl viele von uns dem Ende freudig entgegensahen. Durch Yoga und Massagen sowie viele kleine "OP Sessions" haben wir allerdings immer unser Bestes versucht, dem Verschleiß entgegenzuwirken. Micha und ich sind tatsächlich ohne Verletzungen oder schlimmere Schmerzen durch die Tour gekommen. Wenn wir genug Schlaf hatten, konnten wir die Performance liefern, aber auch nebenher noch genießen. Sehr positiv ist ebenfalls zu berichten, dass wir als einziges Team seit Durchführung der Tour, keine Fälle von Durchfall zu verzeichnen hatten. Also großes Lob an unsere Köche, unser Wasserteam für die gewissenhafte Desinfektion und die Hygienemoral der Teilnehmer - Geschirr spülen, Hände waschen usw. ist bei Wasserknappheit immer ein heikles Thema.


"OP Team" bei der Arbeit


Positiv für die Moral waren natürlich auch die tollen und kreativen Mitbringsel der Teilnehmer. Diese reichten von Karten- und Brettspielen über exquisiten Kaffee bis hin zu Leckereien und Hochprozentigem.

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Aufwärmen am Feuer in der kalten Wüstennacht

Ein Highlight war unser letzter Abend in der Wüste. Unser Camp war nur noch 5 km vom Ort Mhamid entfernt, wo die Tour endete. Nachmittags sind wir dorthin gelaufen, um Getränke und Snacks zu besorgen. Zur Feier des Tages hat uns Mustafa sogar noch eine Dusche bei einem Café Besitzer organisiert. So geil - probier' mal in Deutschland, den Dude an der Bar zu fragen, ob Du bei Ihm zu Hause duschen darfst, und das nach 12 Tagen Wüste! Und so haben wir frisch gepimpt abends eine fette Wüstenparty gefeiert. Mega! Wer hat schon mal inmitten von Sanddünen getanzt? Da hat sich auch ausgezahlt, dass unser Teamlead die ganzen 12 Tage eine Soundbox durch die Wüste geschleppt hat. Danke, Thorsten :-)


In Summe, wirklich ein unvergessliches Erlebnis! Ich muss sagen, dass mich die Landschaft total fasziniert hat. Das hätte ich so nicht für möglich gehalten. Und nach 12 Tagen Digital Detox, ohne Alkohol, ohne Waschen und sonstigen Komfort, weiß man die Dinge wieder viel mehr zu schätzen. Micha und ich haben uns erstmal ein Hamman gegönnt und den ganzen Dreck abschrubben lassen. Aber schon nach einem halben Tag im lauten Marrakesch habe ich mir die Stille der Wüste zurückgewünscht. Ich werde definitiv wiederkommen :-)


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"Schutzwall" im Sandsturm

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Wer hat schon mal in der Sahara gekickt?

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Abendspaziergang auf die höchste Düne weit und breit


Und hier noch ein paar Irrtümer über die Wüste, die wir jetzt widerlegen können:


Die Wüste besteht aus Sand

Das Gelände war wirklich sehr divers. An zwei Tagen hatten wir reine Sandlandschaft mit Dünen. Ansonsten gab viel Stein- und Felswüste oder Kies- und Geröllwüste. Und dann natürlich Akazien, die uns oft Schatten gespendet haben. Besonders sind auch die unzähligen Tafelberge, die eine echt magische Wirkung haben.


In der Wüste ist es immer heiß

Wir hatten von 0 Grad nachts bis 35 Grad tagsüber alles. Aber es kann auch tagsüber kühl werden, wenn Wolken am Himmel sind. Und Wolken bedeuten in der Wüste immer Wind. Der kann sehr unangenehm sein. Ich habe mir sogar eine Erkältung geholt.


Eier muss man kühlen

Nein, absolut nicht. Wir hatten 12 Tage lang jeden Morgen frische Shakshuka, eine nordafrikanische Spezialität, die aus pochierten Eiern in einer Sauce aus Tomaten, Chilischoten und Zwiebeln zubereitet wird. Eier halten ungekühlt wochenlang, es sei denn man fängt einmal an, sie in den Kühlschrank zu tun.


Funktionskleidung ist das Nonplusultra

Adäquate Bekleidung für die Wüste sollte typischerweise aus Baumwolle bestehen. Das ausgeschwitzte Wasser verdampft nicht so schnell wie bei synthetischen Fasern und bleibt somit kühlend in Körpernähe. Dies hat übrigens Jean-Marc überprüft, der auf diese Art dehydrierte und 7 Liter trinken musste, bis er wieder pinkeln konnte.



Zum Abschluss ein großes Tribut an das...

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...beste Team ever

Vielen Dank auch an Mustafa unseren Local Guide für die tolle und sichere Führung und den Spaß, den wir mit Dir hatten. Mustafa's Webseite findet ihr hier. Er bietet alle Arten von Touren in der Wüste an, egal ob von Marrakesch aus, mit Dromedaren, Jeep etc.


Ps. Bilder sind größtenteils von Micha, aber auch von Alex Spoerndli. Danke Alex!!!

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