Wasser ohne Ende - zur Regenzeit in Kolumbien
- michaelmarquardt07
- vor 2 Stunden
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Mal wieder Ausnahmezustand in Ecuador
Nach 10 Monaten Heimaturlaub in Europa wollen wir unsere Reise fortsetzen. Unser geliebtes Expeditionsmobil steht ganz im Norden von Ecuador, nahe der kolumbianischen Grenze. Irgendwie scheint es uns, dass Ecuador nicht mehr zur Ruhe kommt. Damit meinen wir primär gar nicht die Kartellkriege und die jüngst stark ansteigende Mordrate, über die in Europa vermehrt zu lesen ist; dies betrifft uns als Tourist - so bedauerlich das Ganze ist - sehr wenig. Umso mehr haben uns im vergangenen Jahr die "Strom Shutdowns" gequält , während denen quasi Alles lahmgelegt war. Dieses Jahr gibt es genug Strom; leider hat die Regierung beschlossen, langjährige Dieselsubventionen zu rationalisieren. Insbesondere der indigenen Bevölkerung, die sehr vom Agrarsektor abhängig ist, gefällt das gar nicht. Also gibt es die in so einem Fall üblichen "Roadblocks", die vielerorts den Verkehr zum Erliegen bringen. Normalerweise gibt es dann Verhandlungen, die irgendwann auch zum Beilegen der Blockaden führen. Dieses Mal scheinen die Fronten allerdings verhärtet.
Flug nach Ecuador und dann?
Wir starten unsere Reise von Mallorca bzw. Madrid aus, von dort gibt es tolle Nachtflüge nach Quito in Ecuador. Diesen haben wir schon einige Wochen vorher gebucht, als jeder noch von einem schnellen Ende des Streikes ausging. Von Quito aus brauchen wir eigentlich nur knapp 2 Stunden bis nach Ibarra, wo unser Auto steht. Unter Einbeziehung aller Blockaden wären wir jedoch 12 Stunden mit dem Taxi unterwegs. Plus die Flug- und Transitzeiten wären wir wohl um die 30 Stunden auf Achse - und das mit einem 2-jährigen. Micha (die Ungeduld in Person) bekommt Panik - also läuft unsere Planungsmaschinerie auf Mallorca auf Hochtouren. Manchmal muss man aber auch Glück haben! Als kurzfristig unser Flug nach Quito storniert wird, atmen wir auf. Nach einigen Überlegungen und vielen Telefonaten ergibt sich eine deutlich entspanntere Reiseroute. Und so fliegen wir einige Tage später über Bogota nach Ipiales in Kolumbien. Von dort sind es nämlich (eigentlich :-)) auch nur 2 Stunden zu unserem Expeditionsmobil.

Die Reise beginnt - aber natürlich nicht wie erwartet
Die Flüge laufen schon fast zu gut und wir ahnen, dass unser Glück bald aufgebraucht ist. Dies bewahrheitet sich, als unser Taxifahrer in der Grenzstadt Ipiales uns mitteilt, dass heute kurzfristig wegen Lokalwahlen die Grenze nach Ecuador geschlossen ist. Angeblich macht sie "schon wieder" um 16.00 Uhr auf. Bis dahin sind es noch 7 Stunden. Als wir uns der Grenze nähern, lernen wir 2 Gringos kennen, Bigna und Dave aus der Schweiz stecken mit ihrem Fahrzeug auch fest und haben sich auf einem naheliegenden Campingplatz einquartiert. Zu unserem Glück versorgen uns die beiden mit Essen und Kaffee! Wir sind unendlich dankbar. Diego bekommt sogar noch einen Kuchen, heute ist nämlich sein 2. Geburtstag.
Am Nachmittag machen wir uns auf in Richtung Grenze. Die wartende Menschenmenge lässt uns befürchten, dass heute für uns nichts mehr geht. Wider Erwarten sind wir gegen 18.00 Uhr in Ecuador und besteigen unser Taxi, mit Zwischenhalt Supermarkt, um Alkohol zu kaufen. Den brauchen wir dringend , um etwas runterzukommen. Der Rest verläuft nach Plan und wir sind 2 Stunden später am Auto. Gepäck in die Fahrerkabine, Camper aufbauen und schlafen - zu mehr sind wir nicht mehr fähig.
Reparaturen und große Ziele
Jetlag haben wir die folgenden Tage so gut wie keinen - eben das Tolle an einem Nachtflug.
Wir sind also fit für die anstehenden Reparaturen, die Ersatzteile haben wir aus Europa mitgebracht. Unter anderem wollen wir unseren Kühlschrank wieder reaktivieren und den Wasserhahn austauschen. Alles läuft wie geschmiert und weitere Schäden treten nicht auf (auch nicht in den kommenden Wochen). Wir sind überrascht nach 10 Monaten Standzeit.
Wir können uns also voll und ganz der Reiseplanung widmen. Als wir mit der Planung loslegen, macht es Sinn, Ecuador so schnell wie möglich zu verlassen, da überall mit Blockaden zu rechnen ist. Zum Glück haben wir einen Großteil des Landes schon letztes Jahr gesehen. Denn eines sei gesagt, Ecuador ist wirklich wunderschön und vielfältig. Dummerweise trainierte Marion schon einige Monate für die Besteigung des Vulkans Cotopaxi, die einzige Region in Ecuador, die wir noch besichtigen wollten.
Konfliktlösung in Südamerika und "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben"
Quasi innerhalb weniger Tage sind die Straßensperren verschwunden. Nach einer Räumungsanordnung des Militärs wird kurzer Prozess gemacht - weitestgehend widerstandslos. Natürlich nur auf dem Papier - Zwischenfälle werden angeblich vertuscht. Die Aufhebung der Straßensperren helfen uns leider auch nicht, jetzt meint es der Wettergott nicht gut mit uns und das Wetter rund um den Cotopaxi ist grauenhaft. Zu grauenhaft für die notwendigen Aklimatisierungswanderungen mit Kleinkind. Schweren Herzens verabschiedet sich Marion (vorerst) also von Ihrem Besteigungsziel und wir flüchten nach Kolumbien.
Erste Eindrücke in Kolumbien
Kaum sind wir in Kolumbien angekommen, bekommen wir am eigenen Leib mit was der Begriff Regenzeit bedeutet. Zum Glück regnet es meist nur in der Nacht. Unsere Campingplätze sind desöfteren trotzdem geflutet. Unser erster Halt in Kolumbien ist die Kirche in Las Lajas, die spektakulär über dem Guáitara-Fluss thront. Dieses kolumbianische Heiligtum der neogotischen Bauweise wurde zwischen 1916 und 1945 erbaut. Zur Kirche fahren wir stilecht mit einer Seilbahn, wie wir sie aus unseren Skigebieten kennen. Weiter geht es langsam in Richtung Norden. Wir wollen über das weltbekannte "Trampolin de La Muerte" von Mocoa nach Pasto fahren.


Bevor wir in Richtung Trampolin starten, übernachten wir noch im netten Örtchen Sibundoy. Wir erwischen einen perfekten sonnigen Abend, den wir auf dem örtlichen Sportplatz verbringen. Die Nacht stehen wir nach Rücksprache mit der Polizei auf dem zentralen Dorfplatz.

Am nächsten Morgen wollen wir zeitig starten, jedoch werden wir von Polizisten angehalten, angeblich tropft unser Abwassertank. Ehrlich zugegeben, ganz dicht ist er tatsächlich nicht mehr, nur hat es noch nie jemand interessiert. Ist ja auch nur Spülwasser. Die Polizisten lassen jedoch nicht locker und kontrollieren all unsere Papiere mehrmals, das Auto wird inspiziert - immer mit der Hand an der Pistole, irgendwie wirken sie auf uns genauso nervös wie wir. Nach langem Hin und Her brummen sie uns eine Strafe von 1.000 USD (!!!) auf und drohen uns, dass bei Nichtzahlung unser Fahrzeug beschlagnahmt wird. Jetzt sind wir auch mega genervt und Micha macht erstmal Fotos von den Beamten, quasi zur Beweissicherung. Man hört ja ab und an von korrupten Polizisten. Am Ende wissen wir nicht, was zum Umdenken bei den Polizisten geführt hat, aber nachdem wir uns noch 100mal entschuldigt haben, werden wir mit der Auflage, den Tank im nächsten Dorf abzudichten, entlassen.

Trampolin de La Muerte
Jetzt kann es endlich losgehen. Die etwa 80 km lange Strecke gilt als eine der gefährlichsten Straßen der Welt und als die gefährlichste in Kolumbien. Sie hat nur einen Fahrstreifen (etwa 3 Meter breit), ist größtenteils unbefestigt und weist auf manchen Abschnitten bis zu 18 Kurven pro Kilometer auf. Die Route ist durch instabiles Gelände, ständige Regenfälle, dichten Nebel und Erdrutsche extrem gefährlich. Es gibt Abgründe von bis zu 300 Metern Tiefe. So zumindest die KI Zusammenfassung. Soweit so gut, nach nunmehr 1,5 Jahren in Südamerika würden wir eher von einer durchschnittlichen Straße mit wunderbarer Aussicht sprechen. Das Einzige, was hier wirklich nervt, ist die hohe LKW Dichte aufgrund der Wichtigkeit im Nord-Süd Verkehr. An das Rückwärtsfahren bei Gegenverkehr haben wir uns spätestens in Peru und Bolivien gewöhnt und das Trampolin schafft es sicher nicht in unsere Top 20 der gefährlichsten Straßen.

Das Ende der Welt
Auf der anderen Seite des Passes angekommen, bemerken wir schnell die Temperaturveränderung. Mocoa befindet sich in einer subtropischen Zone, die Luftfeuchtigkeit und die Hitze sind hier enorm. Dennoch haben wir hier eine kleine Aktivität ins Auge gefasst. Wir wollen zum "Fin del mundo" Wasserfall wandern, angeblich um die 2 Stunden oneway, wir packen also Diego in die Kraxe und ziehen vorsichtshalber unsere Wanderschuhe an, sicher ist sicher. Der Hinweg läuft stetig bergauf über rutschige, dauerhaft nasse und vermooste Steine. Unsere Schuhe bieten fast keinerlei Halt, Wasserschuhe aus Neopren wären hier angebracht gewesen. Wir haben Angst vor dem Rückweg bergab. Drei Flussquerungen später erreichen wir tatsächlich in der Zeit den schönen Wasserfall - den man eigentlich nur beim Blick über die Abbruchkannte zu Gesicht bekommt. Also alle an den Klettergurt und dann geht's mit dem Oberkörper in Richtung dem Ende der Welt. Diego gefällt es auf jeden Fall. Auf dem Rückweg bekommen wir noch den Hinweis, am Besten an den extrem rutschige Stellen unsere Wanderschuhe auszuziehen und in Socken zu laufen. Unsere anfängliche Skepsis weicht schnell, denn es funktioniert und wir rutschen nicht mehr so einfach weg - immer diese ungeschickten Gringos.

San Augustin auf den Spuren einer unbekannten Kultur
Auf dem Weg zur Tatacoa Wüste stoppen wir im idyllischen Städtchen San Augustin. Das Klima hier bekommt uns sehr, da es in der Nacht deutlich abkühlt. Auch die Luftfeuchtigkeit scheint hier etwas geringer zu sein.
Bei den Ausgrabungen in San Augustin handelt es sich um eine der bedeutendsten prähispanischen Stätten Südamerikas. Diese ist insbesondere für Ihre Steinskulpturen und Grabanlagen bekannt. Die Kultur, die diese Monumente schuf, ist weitgehend unbekannt, ihr Erbe gibt aber Aufschluss über ihre rituellen Bestattungspraktiken und ihre Mythologie.
Wir schauen uns eine der Anlagen an. Wer uns kennt, weiss, dass uns das prinzipiell zwar interessiert, wir aber auch nicht jeden Steinhaufen anschauen müssen. Also sind wir nach 3 Stunden froh in einem netten Cafe einzukehren. Dennoch hat uns das Ambiente der sehr weitläufigen Anlage gut gefallen.











































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