Haushaltsführung auf engstem Raum, eine logistische Herausforderung
Tetris für Fortgeschrittene - Stauraum und Ordnung sind das A&O
Die Aufgaben sind klar verteilt, jeder weiß, was er zu tun hat
Vom Leben auf der Wellblechpiste - ein Versäumnis bei der Ladungssicherung kann böse enden
Wir sind nun schon mehr als 6 Monate auf Reisen – und zwar non-stop. Wo es sich zu Beginn noch etwas ungewohnt und chaotisch angefühlt hat, hat sich inzwischen fast ein Alltag etabliert. Natürlich ist auf Reisen kein Tag wie der andere, jeder Ort ist neu, überall gibt es etwas zu entdecken. Die Konstante allerdings ist unser „zu Hause“ – Hugo. Den Toyota Landcruiser mit Wohnkabine haben wir von Deutschland verschifft. So haben wir gleich alles an Haushalt, Kleidung und sonstiger Ausrüstung mitgebracht. Ihr werdet Euch noch wundern, was alles Platz hat. Aber das ist ein anderes Thema, das noch folgen wird.
Am besten wir fangen mal chronologisch an. Unsere Wohnkabine muss nach jeder Fahrt erstmal aufgebaut werden. Wir haben ein Hubdach mit festen, klappbaren Alu-Sandwichwänden, unterstützt durch Gasdruckteleskopdämpfer – eine Spezialkonstruktion der Firma „AlphaCab“, die unser Vorbesitzer beauftragt hat. Im Fahrzustand sind die Seitenwände eingeklappt. Das hat enorme Vorteile. Nicht nur auf mögliche Hindernisse wirkt sich die geringe Höhe positiv aus, sondern auch durch den niedrigeren Schwerpunkt im Gelände und nicht zuletzt auf den Spritverbrauch. Vor allem in Patagonien mit krassen Windgeschwindigkeit ist das nicht zu vernachlässigen. Im Umkehrschluss heißt das allerdings, dass wir erstmal die Kabine aufstellen müssen. Inzwischen geht das in Null Komma nichts. Wirklich, in etwa 30 Sekunden sind die Seitenwände aufgestellt. Dann gilt es nur noch, ein paar Sachen zu arrangieren, die während der Fahrt ihren Platz haben. Seht selbst:
Und so kommen wir aufgebaut auf 1,97 m Stehhöhe in der Kabine! Genial :-)
Meistens versorgen wir uns selbst. Genug Vorräte haben wir an Bord, auch einiges an frischen Sachen im Kühlschrank. Micha übernimmt fast immer die Küche und zaubert sehr abwechslungsreiche Gerichte. Und das mit einem zweiflammigen Gasherd. Wir haben zwei Gasflaschen à 5 Liter an Bord; mit einer kommen wir etwa ein halbes Jahr aus. Genug Zeit, um in der Zwischenzeit die zweite Gasflasche füllen zu lassen. Da wir den europäischen Gasanschluss haben, lassen wir die Flaschen mit einem speziellen Adapter füllen - ein Service, der nicht so häufig verfügbar ist. Einen Backofen haben wir übrigens nicht. Aber selbst dafür gibt es Lösungen. Brot backen funktioniert zum Beispiel auch auf unserem Gasgrill ganz gut. Und oftmals haben Campingplätze einen Ofen.
Für das Abspülen bin ich zuständig. Wir haben einen 300 W Heißwasserboiler verbaut, um Warmwasser zu haben. Meistens betreiben wir ihn allerdings nicht, weil er ein echter Stromfresser ist. Für den kleinen, unmittelbaren Bedarf, haben wir ein geniales System in unserem Toyota: Die Kühlerflüssigkeit des Motors wird um unseren Boiler geleitet und erwärmt somit das Wasser während des Fahrens. Direkt danach haben wir richtig heißes Wasser und sogar bis zu einen halben Tag lang ist es noch lauwarm. Was für ein Genuss, nicht kalt abspülen zu müssen :-)
Unser Abendprogramm ist so divers wie die Umgebung. An besonderen Orten machen wir Lagerfeuer, gucken Sterne, Fotografieren und und und. Oft ist uns aber einfach nur nach Lesen. Wir haben unsere eBook Reader dabei und sind so unabhängig von Platz für Bücher und Internet. Hin und wieder schauen wir auch Filme auf dem Laptop. Micha ist für das Bord Entertainment zuständig. In den seltenen Fällen, in denen wir eine stabile WLAN Verbindung haben, streamen wir. Ansonsten haben wir einen kleinen Vorrat in unserer Offline Mediathek. Gerade erst haben wir alle Staffeln von „Game of Thrones“ hinter uns; ab und zu gibt es auch einen Krimi oder eine interessante Dokumentation.
Bevor es ins Bett geht, gilt es, dieses aufzubauen. Klingt komplizierter als es ist. Im Endeffekt legen wir ein 50 x 150 cm großes Brett als Fußteil quer über unseren Sitzbereich, gepolstert mit unseren Sitzkissen. Und fertig ist das Bett. Morgens natürlich dasselbe rückwärts… Ein Sitzplatz ist übrigens auch im aufgebauten Zustand nutzbar. Gut für Langschläfer wie Micha :-)
Morgens bin nämlich in der Regel ich die Erste in der Küche und bereite schon mal Kaffee zu. Gefrühstückt wird je nach Ort und Wetter, mal draußen, mal drinnen, mal gemütlicher, mal schneller. Je nach dem, was man halt tagsüber so vorhat.
Duschen können wir übrigens auch in unserem Auto. Eine Nasszelle inklusive WC mit Sogsystem ist verbaut. Bisher haben wir das allerdings noch nie genutzt. Da die Wände nur halbhoch sind, bevorzugen wir es, rauszugehen. Die Außendusche ist simpel. Der Duschschlauch wird durch’s Badezimmerfenster nach außen gelegt und los geht’s. Dafür ist es natürlich schon angenehmer, wenn wir warmes Wasser vom Boiler haben. Einen Duschvorhang haben wir übrigens nicht – dementsprechend ist das nur etwas für wenig frequentierte Orte :-) Um ehrlich zu sein, duschen wir nicht oft im Auto. Das belastet auch den Wasserhaushalt ganz schön. Meist stoppen wir alle paar Tage an einem Campingplatz. Und oftmals bieten auch Tankstellen eine Dusche an.
Haare fönen geht übrigens super mit der Standheizung. Mein Reisefön kann nämlich nicht über unsere Batterie betrieben werden. Die geht bei der Spannung in die Knie. Aber kein Problem, sieht zwar lustig aus, funktioniert aber einwandfrei.
Bevor wir weiterfahren, gilt es natürlich, die Wohnkabine abzubauen. Das geht sogar noch schneller als das Aufbauen. Anfangs hatten wir Bedenken, wie das bei Wind und Regen funktionieren soll. Aber selbst das ist kein Problem. Wir haben noch nie Nässe in die Kabine gebracht. Schnelligkeit und Geschick ist bei solchen Extremsituationen natürlich das A und O. Und wir achten darauf, die schmale Seite in Windrichtung zu parken. Besonders in Patagonien nicht zu unterschätzen. Ansonsten kann es einen nachts ganz schön durchschütteln, im schlimmsten Fall könnte sogar das Auto kippen. Kein Scherz, alles schon von Reisebekanntschaften gehört...
Ein ganz wichtiges Thema vor der Abfahrt (insbesondere bei Ripio Pisten oder Offroad Strecken) ist die Ladungssicherung. Alles was nicht ordentlich verstaut oder befestigt ist, fliegt im Auto rum. Im besten Fall. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie oft unsere Schubladen schon aus den Scharnieren gefallen, Weinflaschen ausgelaufen sind und Müslidosen sich entleert haben. Da lernt man schnell. So haben wir unser eigenes Offroad taugliches Ladungssicherungssystem entwickelt. Die Schubladen bekommen, zusätzlich zum Hebelverschluss, noch eine Längslatte verpasst, der Badschrank wird mit Klett gesichert, der Kühlschrank verkeilt etc. Der Ablauf ist inzwischen ins Blut übergegangen, und wird immer noch vom Anderen kontrolliert.
Und sonst so?
Micha ist zuständig für unser Batteriemanagement. Wir haben eine LiFePo Batterie mit 160 AH Kapazität an Board. Mit einer App können wir per Bluetooth den Ladestand abrufen. Wir haben einige Möglichkeiten, an Strom zu kommen:
Beim Fahren lädt die unsere verstärkte Lichtmaschine die Batterie auf. Man muss allerdings schon ein Weilchen fahren, diese vollzumachen. Pro Stunde werden etwa 7 Amperestunden geladen.
Sollten wir Landstrom haben, z.B. am Campingplatz, können wir die Batterie direkt laden.
Zusätzlich haben wir auf dem Dach zwei 70 Watt Solarpaneele verbaut. Falls die Leistung nicht ausreicht, haben wir noch ein mobiles Solarpaneel mit Spitzenleistung bis zu 7 AH, das wir zusätzlich aufstellen können.
So sind wir ziemlich autark unterwegs. Natürlich steht und fällt alles mit dem Stromverbrauch. Je mehr elektronische Geräte wir laden, desto mehr Disbalance entsteht. Laptops und Kameraausrüstung brauchen eine Menge Strom…
Wir haben außerdem 110 Liter Wasser an Bord. Wir achten darauf, dass nur sauberes Trinkwasser in unsere Tanks kommt. Vor allem in Patagonien ist das gar kein Problem und wir können in der Regel direkt aus Wasserhähnen auffüllen. Für andere Regionen haben wir einen mobilen Aktivkohle und Microfilter von ALB an Bord, den wir in Kombination mit einer Wasserpumpe betreiben, um Wasser aus Flüssen oder Seen ziehen zu können. Natürlich können wir die Filter auch direkt an Wasserhähne anschließen. In solchen Fällen ist das Wasser Befüllen etwas langsamer, dafür müssen wir uns um die Qualität keine Gedanken machen.
Unsere Standheizung von Autoterm-Planar mit Höhenkit bis 4.000m läuft mit Diesel und ist ziemlich sparsam. Mit nur einem Liter Diesel könnten wir fast einen ganzen Tag heizen. Meist ist das allerdings nicht nötig. Erstens sind wir (fast) nie den ganzen Tag im Camper und außerdem ist die Heizung selbst auf der geringsten Leistungsstufe so stark, dass es nach ein paar Stunden einer Sauna ähnelt :-)
Natürlich gibt es dann auch immer wieder unerwartete Dinge zu erledigen oder zu reparieren. So sind durchgebrannte Sicherungen oder abgebrochene Halterungen keine Seltenheit. Aber auch planmäßige Instandhaltungsmaßnahmen stehen an. Beispielsweise müssen verschiedene Filter im Motorraum gewechselt oder Reifendruck, Ölstand, Bremsflüssigkeit etc. kontrolliert werden. Dabei lernen wir auch Einiges über unser Auto.
Da kommt uns Vieles sehr bekannt vor.... Jedenfalls sehr interessant für uns. Wir reisen seit 2000 mit einem ausgebauten Toyota - bald auch für länger... Weiterhin spannende und inspirierende Reisen
Ina und Lutz
https://reisepixel.com/
Freu mich sehr über Eure Room-Tour!!! Tolle Arbeitsteilung :)
@Micha: kannst du deine 5 beliebtesten Rezepte die sich ideal zum Kochen im Camper anbieten und mit denen du Marion verwöhnst, Teilen?
Sehr interessant